The Salesman

The Salesman

Mo, 12. — Sa, 17.03.2018 | 17:30 Uhr bzw. Sa 15:00 Uhr | City-Kino

Forushande
IRN/FR 2016, Regie: Asghar Farhadi, Drehbuch: Asghar Farhadi, Kamera: Hossein Jafarian, Musik: Sattar Oraki, Schnitt: Hayedeh Safiyari, Darsteller: Shahab Hosseini, Taraneh Alidoosti, Babak Karimi, Farid Sajjadihosseini, Mina Sadati, Maral Bani Adam, Mehdi Kooshki, 125 Minuten, OmdU

Trailer:


Inhalt:


© Thiemfilm

Fluchtartig müssen Emad und Rana ihre Wohnung verlassen. Bei Grabungsarbeiten wird das Fundament ihres Wohnhauses beschädigt, es droht einzustürzen. Ein befreundeter Schauspielerkollege stellt dem jungen Paar seine leer stehende Wohnung zur Verfügung, ein seltener Glücksfall in einer dicht besiedelten Stadt wie Teheran. Als Rana eines Abends im Badezimmer von einem unbekannten Eindringling überrascht wird, müssen die beiden erfahren, dass die Vormieterin neben persönlichen Gegenständen auch einen zweifelhaften Ruf hinterlassen hat. Rana weigert sich, zur Polizei zu gehen oder auch nur über den Vorfall zu sprechen. Was ist tatsächlich passiert? Emad macht sich selbst auf die Suche nach dem Täter. Zunehmend verstrickt sich das Paar in ein Geflecht aus Scham und Schuldzuweisungen, schließlich droht daran sogar die Beziehung zu zerbrechen.

Hintergrund: In einem offenen Brief erklärt der abwesende iranische Regisseur, warum er sich entschlossen hat, nicht an der Oscar–Preisverleihung teilzunehmen. Wenige Tage zuvor hat der neu gewählte amerikanische Präsident Donald Trump ein Einreiseverbot für Muslime aus sieben ausgewählten Ländern, darunter auch aus dem Iran, erlassen.

It’s a great honor to be receiving this valuable award for the second time. I would like to thank the members of the academy, my crew in Iran, my producer, Amazon, and my fellow nominees.
I’m sorry I’m not with you tonight. My absence is out of respect for the people of my country and those of other six nations whom have been disrespected by the inhumane law that bans entry of immigrants to the US. Dividing the world into the “us“ and „our enemies“ categories creates fear. A deceitful justification for aggression and war. These wars prevent democracy and human rights in countries which have themselves been victims of aggression. Filmmakers can turn their cameras to capture shared human qualities and break stereotypes of various nationalities and religions. They create empathy between us and others. An empathy which we need today more than ever.

(Asghar Farhadi)


Der Regisseur:


https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Asghar_Farhadi_Cannes_2013.jpg

Asghar Farhadi, geboren 1972 in der Provinz Isfahan, ist ein iranischer Drehbuchautor und Regisseur und nunmehr bereits zweifacher Oscar-Gewinner. Bereits als Jugendlicher dreht er erste eigene Filme auf 8mm und 16mm Film, 1988 schließt er sein Filmstudium an der Universität Teheran erfolgreich ab. Er arbeitet als Autor und Regisseur bei verschiedenen Studententheatern, schreibt Stücke für den iranischen Hörfunk und inszeniert und leitet Fernsehproduktionen.
Seine Filme erhalten Preise und Auszeichnungen, der Gewinn des Silbernen Bären für die beste Regie im Film ‚Alles über Elly‘ 2009 in Berlin markiert einen ersten Höhepunkt. 2012 wird er in die Jury des Wettbewerbs der 62. Internationalen Filmfestspiele von Berlin berufen. Die beiden Oscar – Gewinne (2012 für ‚Nader und Simin – Eine Trennung‘ und eben 2017 für ‚The Salesman‘) bilden den vorläufigen Höhepunkt in der Karriere des Filmemachers.
Der 45-Jährige gilt als Regimekritiker, der es aber trotzdem versteht, sich mit den Mächtigen seines Landes zu arrangieren. Er wird vom System geduldet, ganz sicher nicht zuletzt wegen seiner gewaltigen internationalen Erfolge.

Der Regisseur über die Verbindungen zu Arthur Millers „Death of a Salesman“:

From the beginning, I knew I had two characters who were theater actors. And I wrote this story as a treatment in three or four pages. And then I asked myself, what type of play are they doing, really? I started to read lots of plays, many of which I had read as a student during my time at university. Some of the plays were close, thematically, to my story. Some of them had a similar character. Some of them were too bold, too on-the-nose if I were to use them. And then I got to Death of a Salesman. And after 20 years, when I read Death of a Salesman again, it seemed like Arthur Miller knew that I was going to write this story and wrote this play for me. It was astonishing to me, how many details were so similar in Death of a Salesman and my story. I tried to give harmony to these connections. I didn’t want it to look like an adaptation, although it is a kind of adaptation. It’s like a mirror in front of my own story. For example, the character of the woman in Death of a Salesman who is in the motel with Willy when Biff sees them together is like the character of the woman who lived in the apartment before my main characters moved in. Or the characters of the old man and woman who come at the end of my story are, for me, the Iranian versions of Willy Loman and his wife, Linda. I started to connect these characters and make them match each other.

(ReverseShot, Interview mit Asghar Farhadi von Matthew Eng)


Kritikerstimmen:


© Thiemfilm

In „The Salesman“ erweist sich Farhadi erneut als Meister unausweichlicher Kollisionen. Unaufgeregt zeichnet er deren Spuren nach und bezieht noch stärker als sonst Position: für Rana und gegen die aufgeheizte Atmosphäre des Misstrauens in einem Land, in dem die Schuld so oft zuerst bei der Frau als angeblicher Verführerin gesucht wird, während das Ego des Mannes das Recht auf Vergeltung und Vergebung für sich beansprucht.
(Filmdienst, Kathrin Häger)

Zuerst sieht man ein Bühnenbild. Eine Couch, ein Tisch, eine Lampe. Dann eine Wohnung in einem bürgerlichen Teheraner Viertel. Ein dumpfes Rumpeln, Risse in der Wand. „Das Haus stürzt ein! Alle raus auf die Straße!“ Die zwei Schauplätze, Bühne und Wohnung, sind die beiden Orte der Handlung in „Forushande“. An dem einen wird Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ (auf Persisch: „Forushande“) geprobt: das Drama des Selfmademans Willy Loman und seiner Familie, der er sein Scheitern nicht eingestehen will. An dem anderen wird das Drama einer Demütigung aufgeführt, die einen Mann zum Todfeind eines anderen macht. Um Scheitern, wie bei Arthur Miller, geht es hier nicht, und wenn doch, dann nicht im individuellen Sinn. Es geht um das Scheitern einer Gesellschaft: ihrer Werte, ihrer Geschlechterrollen, ihrer Moral.
(FAZ Net, Andreas Kilb)

Man kann The Salesman einmal als direkte Abbildung von Menschen sehen, die unter bestimmten sozialen Bedingungen einen dramatischen Bruch in ihrer Beziehung erleben. Und einmal als hochartifizielles Verweissystem. Keine Kinderzeichnung, kein Filmplakat, keine Bühnengeste in diesem Film, die nicht neue Bedeutungen und Spiegelungen mit sich bringen würde. […] Natürlich kann so ein Film nur gelingen, wenn die Schauspieler bereit sind, beide Repräsentationsebenen miteinander zu verbinden. Shahab Hosseini und Taraneh Alidoosti bewähren sich selbst in einer der schwierigsten Disziplinen: Schauspieler, die Schauspieler spielen. Und dann kommt das Einreiseverbot von Donald Trump, und sehr zu Recht verweigern sich Schauspielerin und Regisseur der Oscar-Zeremonie. So geht die Geschichte von Kunst, Leben und Politik weiter.
(Die ZEIT online, Georg Seeßlen)


Filmografie (Auswahl):


© Thiemfilm

2006: Feuerzauber
2009: Alles über Elly
2011: Nader und Simin – Eine Trennung
2013: Le Passé – Das Vergangene
2016: The Salesman