Das große Heft

Das große Heft (A nagy füzet)

Mo, 26. — Fr, 30.01.2015 | 17:30 Uhr | City-Kino

UNG/A/D/F 2013, Regie: János Szász, Drehbuch: János Szász, Andras Szeker nach dem gleichnamigen Roman von Ágota Kristóf, K: Christian Berger, S: Szilvia Ruszev, M: Johan Johanson, Darsteller: László Gyémánt, András Gyémánt, Piroska Molnár, Ulrich Thomsen, Ulrich Matthes, 109 Minuten, OmdUt

Trailer:


Inhalt:


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Es ist Krieg. Der Vater wird einberufen, die Mutter bringt die beiden dreizehnjährigen Zwillingsbrüder zur Großmutter aufs Land. Zwei Haltungen schärft sie ihnen ein: immer weiter zu lernen und um jeden Preis zu überleben.

Niemals zuvor haben die Kinder ihre Großmutter gesehen, die in einem heruntergekommenen Bauernhof an einem Waldstück nahe der Grenze lebt. Die beiden müssen hart arbeiten, bei jeder Kleinigkeit setzt es Schläge. Auch in der Stadt, wo sie Besorgungen machen, behandelt man sie nicht besser. Ihre Erlebnisse halten die beiden Kinder in einem Schreibheft fest.

Die Jungen beschließen, sich in immer neuen Übungen abzuhärten, um zu überleben. Sie lernen zu betteln, zu stehlen, zu schlagen, zu lügen, ganz so, wie es die Welt um sie herum vorlebt…

Kritikerstimmen:


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„Als universelle Erzählung angelegt, lässt sich die Geschichte mit geringfügigen Anpassungen in andere Orte und Zeiten übertragen. Nein, das ist kein Film, aus dem man mit einem versöhnlichen Lächeln kommt; aber das war auch ganz sicher nie die Absicht von János Szász.“ (Screen Daily)


„Die Romanhandlung wurde für die vorzügliche Verfilmung sinnvoll gestrafft. Dadurch bleibt einem manche Perversion und Grausamkeit erspart, was der Inszenierung hoch anzurechnen ist. Gleichwohl stockt einem angesichts der gezeigten Gefühlskälte und Brutalität oft genug der Atem.“

(Heidi Strobel, filmdienst)

Romanvorlage:


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„Das große Heft“ basiert auf dem Roman LE GRAND CAHIER der ungarisch-schweizerischen Autorin Agota Kristóf, der seit seiner Veröffentlichung 1986 in 40 Sprachen übersetzt wurde.

Die objektive Schreibweise, für die die Autorin berühmt werden sollte, rührt daher, dass sie in einer Fremdsprache (Französisch), die sie sich mühsam angeeignet hat, Literatur verfasste. Sie musste mit ihrer Familie vor den stalinistischen Verfolgungen aus Ungarn emigrieren.

Diese Schreibweise verdankt sich der Notwendigkeit, sich streng „an das Sichtbare und Hörbare“ zu halten.  Es ist kein autobiografischer Roman, aber sie „sei vollkommen darin enthalten“, wie die Autorin später einmal sagen wird.

Zitate aus dem Roman:


„Großmutter ist die Mutter unserer Mutter. Bevor wir zu ihr gekommen sind, wussten wir nicht, dass die Mutter unserer Mutter noch lebt. Wir nennen sie Großmutter. Sie nennt uns Hundesöhne.“

„Alles, was wir erleben, schreiben wir in das große Heft: was wir sehen, was wir hören und was wir tun. Wir haben eine einfache Regel dafür, ob das, was wir geschrieben haben, gut oder schlecht ist: Es muss wahr sein.“

„Langsam erfriert alles. Unsere Hände und Füße sind voller Narben und Furunkel. Überall juckt es. Wir haben Läuse. Die Leute in der Stadt sind schwach. Viele sterben. Wir sind stark, weil wir geübt haben. Wir werden nicht so leicht sterben.“

„Unsere erste Übung ist, unsere Körper abzuhärten. Großmutter schlägt uns jeden Morgen in der Küche mit einem nassen Waschlappen. Auch der Briefträger, der Kneipenwirt und andere ohrfeigen und treten uns. Wir wissen nicht, warum. Wir beschließen, unsere Körper zu trainieren, um uns abzuhärten. Wir wollen keinen Schmerz mehr empfinden, damit wir ihn ertragen können, ohne zu weinen.“

János Szász über seinen Film:


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„Was mich besonders interessierte, war der Aspekt, wie zwei Kinder zu leben lernen. Wie es geschehen kann, dass sie in gewisser Weise zu Ungeheuern werden.

Ein zweiter Punkt ist, dass die Geschichte im Krieg spielt. Wie kann man eine Kriegsgeschichte erzählen, ohne den Krieg selbst zu zeigen? Ich wollte zeigen, wie der Krieg den menschlichen Charakter verändert, was er aus zwei unschuldigen Kindern machen kann.“

Der Regisseur János Szász:


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Geb. 1958. Regiestudium an der Akademie für Theater und Film, anschließend vier Jahre am Nationaltheater in Budapest. Autor und Regisseur von Spiel- und Dokumentarfilmen. Daneben weiter Theaterregisseur mit Inszenierungen in Washington, Oslo, Moskau und Budapest. Dozent der Meisterklasse für Schauspiel in Budapest.

Filmografie:


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1994: WOYZECK (Europäischer Filmpreis und Einreichung für Auslands-Oscar)
1997: DIE WITMAN BRÜDER (Preise in Moskau und Thessaloniki)
2000: EYES OF THE HOLOCAUST
2007: OPIUM – DIARY OF A MADWOMAN (Preise in Budapest)
2013: LE GRAND CAHIER

 

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