Die Unschuld (Monster)
JPN 2023, Regie: Hirokazu Koreeda, DB: Yûji Sakamoto, K: Ryuto Kondo, S: Hirokazu Koreeda, M: Ryuichi Sakamoto, Darsteller/-innen: Sakura Ando, Eita Nagayama, Yuko Tanaka, Soya Kurokawa, Hinata Hiiragi, 127 Minuten, OmdUT
Trailer
Inhalt
Saori ist alleinerziehende Mutter ihres kleinen Sohnes Minato, der sich allmählich merkwürdig verhält, beunruhigende Fragen stellt, Verletzungen davonträgt und von einem unbekannten Monster schwadroniert. Als er ihr erzählt, dass sein Lehrer, Herr Hori, ihn misshandelt hat, verlangt sie Antworten von der Schule, die sich als beunruhigend gleichgültig erweist. Im weiteren Verlauf des Films stellen wir fest, dass die Situation ganz anders ist, als sie denkt, und als wir ihre, die Perspektiven von Herrn Hori und Minato kennenlernen, kommt die Wahrheit nach und nach ans Licht.
Hirokazu Koreeda:
1962* Kiyose (Tokio), Japan
Koreeda studierte zunächst bis 1987 Literatur an der Waseda-Universität, kam aber anschließend zu der unabhängigen TV-Produktionsfirma TV-Man-Union. Er realisierte zahlreiche Dokumentarfilme für das Fernsehen. Zentrale Themen in diesen Dokumentarfilmen waren die Erinnerung, das Leben und Sterben.
Koreeda kreist in den meisten seiner Filme um Familien und Verwandtschaften, um alte und vor allem junge Menschen.
Kritiken
„Nicht zum ersten Mal erweist sich Koreeda als ein Meister in der Inszenierung einer kindlichen Kommunikation, in der dringlichstes Mitteilungsbedürfnis von einem Moment auf den anderen in tiefstes Schweigen, in radikale Kontaktabwehr kippen kann.“
(Luka Foerster perlentaucher.de)
„Es geht hier nicht um die Subjektivität von Wahrheit und wie diese sehr unterschiedlich sein kann. Vielmehr ist die Wahrheit durchaus eindeutig, sie wird nur nicht erkannt. Ohne zu viel vorab vom Inhalt verraten zu wollen, zeigt uns der Film auf, wie schnell wir Situationen falsch verstehen und beurteilen können. Und wie fatal es sein kann, solche Urteile zu fällen.“
(Oliver Armknecht Film-Rezensionen.de)
„Die verwinkelte Erzählweise kann man mit Akira Kurosawas Rashomon vergleichen, in dem auch mehrere Erzähler Widersprüchliches berichten, wodurch die objektive Wahrheit einer Welt infrage gestellt wird. Jeder Charakter wirkt so, als ob er ein Geheimnis hat, irgendetwas bleibt ständig im Verborgenen. Ein Monster, das kann hier jeder werden, der zu einem dämonisiert wird – und meistens dämonisieren Menschen etwas, weil sie es nicht verstehen. Als Zuseher ist man ständig mit dem Dilemma konfrontiert, wem man sein Mitgefühl schenken will.“
(Jakob Thaller Der Standard)
Hirokazu Koreeda über seinen Film:
„Sakamoto Yuji, mit dem ich zum ersten Mal bei diesem Film zusammengearbeitet habe, ist der Drehbuchautor, den ich von denen, die heute noch aktiv sind, am meisten respektiere. Ich bin ein bisschen älter als er, aber wir haben die gleichen Epochen durchlebt und die gleiche Luft unter dem trüben Himmel eingeatmet, während er seine Erzählungen fortsetzte. Wir schrieben über Vernachlässigung, Straftäter und Pseudofamilien. Unsere Geschichten haben ähnliche Themen, auch wenn wir sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten geschrieben haben. (…)
Sakamoto und ich haben einen Film gedreht, indem wir unsere Atmung koordiniert haben. Die Geschichte schildert einen Vorfall, an dem Kinder in einer kleinen Schule in einer kleinen Stadt in Japan beteiligt sind, und die kleinen Feuerfunken, die eine große Kluft und Spaltung unter den Menschen verursachen, die dort leben. (…)
Ich bin 2019 auf Einladung von Produzent Kawamura Genki in die Entwicklung des Drehbuchs eingestiegen. Es war, bevor die Welt durch die COVID-Pandemie auf den Kopf gestellt wurde, aber ich bin überrascht, dass die Geschichte die Kluft widerspiegelt, die wir heute zwischen Menschen, Ländern und ethnischen Gruppen auf der ganzen Welt sehen.“
Die Zusammenarbeit mit Ryuichi Sakamoto:
„Die Zusammenarbeit, von der ich seit vielen Jahren geträumt habe, ist endlich wahr geworden“, sagt Koreeda über Ryuichi Sakamoto, der den Soundtrack komponiert hat. (…)
Koreeda schickte Ryuichi Sakamoto einen Brief sowie grob bearbeitetes Filmmaterial, in dem Sakamotos Musik im Hintergrund lief. Sakamoto antwortete, dass er den Job annehmen würde, obwohl er nicht genug Energie habe, um den gesamten Soundtrack zu machen. Er sagte auch, dass sich ein oder zwei Melodien in seinem Kopf gebildet hätten. Am Ende besteht der Soundtrack aus zwei neuen Tracks, die Ryuichi Sakamoto eigens für den Film komponiert hat, sowie Stücken von früheren Alben, darunter sein letztes Album 12. (Sakamoto starb am 28.März 2023)
Filmografie
- 2022 Broker (Cannes Film Festival 2022 – Best Actor Award)
- 2019 La Verité
- 2018 Shoplifters (Cannes Film Festival 2018 – Palme d’Or)
- 2017 The Third Murder (Sandome no satsujin)
- 2016 After the Storm
- 2015 Our Little Sister (Umimachi diary)
- 2013 Like Father, Like Son (Cannes Film Festival 2013 – Jury Prize)
- 2011 I Wish
- 2009 Air Doll
- 2008 Still Walking
- 2006 Hana
- 2004 Nobody Knows
- 2001 Distance
- 1998 After Life
- 1995 Maboroshi