Special Screening: Vertigo

Vertigo – Aus dem Reich der Toten

Sa, 24.11.2018 |  15:00 Uhr | City-Kino

USA 1958, Regie: Alfred Hitchcock, DB: Alex Coppel, Maxwell Anderson nach dem Roman “D´entre les morts“ von Pierre Boileau und Thomas Narcejac K: Robert Burks, S: George Tomasini, M: Bernhard Herrmann, Darsteller: James Stewart, Kim Nowak, Barbara Bel Geddes, 129 Minuten, OmdUT

Trailer:


Inhalt:


Der pensionierte Polizist John „Scottie“ Ferguson verliebt sich in eine selbstmordgefährdete Frau, kann jedoch aufgrund seiner Höhenangst ihren Tod nicht verhindern. Als er später einer jungen Frau begegnet, die der Toten bis aufs Haar gleicht, versucht er, diese zum Ebenbild seiner verstorbenen Liebe umzuformen.


Erst- und Wiederaufführung:


Die Welturaufführung des Films fand am 9. Mai 1958 in San Francisco statt, am 28. Mai lief Vertigo in New York und in Los Angeles an. Die zeitgenössische Kritik war sich weitgehend einig; Das handwerkliche Geschick Hitchcocks und die Arbeit der Schauspieler wurden zumeist gelobt, in der Kritik standen vor allem Handlung, Logik und Spannungskurve des Films. Während seiner Erstauswertung spielte Vertigo lediglich seine Kosten ein, sodass Hitchcock in einem Interview mit François Truffaut von einem kommerziellen Misserfolg sprach. Vertigo sollte nach vier gemeinsamen Filmen auch die letzte Zusammenarbeit von Hitchcock und James Stewart bleiben; laut Truffaut machte Hitchcock insgeheim dessen fortgeschrittenes Alter für das schlechte Abschneiden an der Kinokasse verantwortlich.

Setting:


Obwohl Hitchcock vorzugsweise im Studio arbeitete und selbst existierende Schauplätze oft im Studio nachbauen ließ, wurden viele Szenen an Originalschauplätzen in San Francisco gedreht, darunter die Aufnahmen vor Madeleines Residenz, Judys Hotel und Scotties Appartement.
Das Gemälde von Carlotta Valdes, vor dem Madeleine längere Zeit verharrt, wurde speziell für diesen Film hergestellt und ist daher kein Exponat eines Museums.
Die Stelle unter der Golden Gate Bridge, an der Madeleine ins Wasser springt, ist die heutige Fort Point National Historic Site.
Die Szene, in der sich Scottie und Madeleine die Jahresringe eines gefällten Baumes ansehen, spielt im Muir Woods National Monument. Tatsächlich wurde diese Szene aber im Big Basin Redwoods State Park nahe Santa Cruz gedreht, der Baum war eine Attrappe.
Der Ort an der Pazifikküste, an dem sich Scottie und Madeleine küssen, ist der Cypress Point am 17-Mile Drive, südlich von San Francisco.


Effekte:


Um das Schwindelgefühl optisch umzusetzen, setzte Hitchcock erstmals den sogenannten Vertigo-Effekt ein. Hierbei fährt die Kamera auf das Objekt zu, während gleichzeitig, bis hin zu einer Weitwinkel-Einstellung, rückwärts gezoomt wird, ohne dass sich der Bildausschnitt ändert. Infolgedessen scheinen sich der Hintergrund und weiter von der Kamera entfernte Bildelemente vom Zuschauer wegzubewegen, während der Nahbereich des Bildes nahezu gleichbleibt. Dies führt zu einer Streckung der perspektivischen Tiefe, wodurch die optische Illusion des Schwindels erzeugt wird. Der Effekt ist im Film dreimal zu sehen; einmal zu Beginn in der nächtlichen Häuserschlucht von San Francisco und zweimal im Turm der Mission San Juan Bautista. Aus Kostengründen ließ Hitchcock das komplette Treppenhaus des Turms als Modell in liegender Position nachbauen und die Kamera auf einer horizontalen Schiene fahren.
Ein weiterer, seltener erwähnter Effekt in Vertigo machte sich die farbverändernde Wirkung von Filtern zunutze: Um visuell eine Verbindung zwischen Madeleine und Judy herzustellen, drehte Hitchcock eine Szene, in der Madeleine einen Friedhof aufsucht, mit einem Nebelfilter, der ein grünstichiges Bild produzierte. In einer späteren Szene sieht man Judy im Hotelzimmer, auf die das grüne Licht einer Neonreklame fällt. Somit erzielte Hitchcock nicht nur farblich eine Verbindung zwischen den beiden Frauenfiguren, sondern auch zu dem Friedhof, dem sprichwörtlichen „Reich der Toten“. Die Farbe Grün, die mit Madeleine/Judy assoziiert wird, taucht auch an anderen Stellen auf – so fährt Madeleine einen grünen Wagen und Judy trägt ein grünes Kleid, als Scottie sie das erste Mal sieht.
Um das Thema der duplizierten Person bzw. deren Abbild optisch zu unterstreichen, wies Hitchcock seinen Szenenbildner Henry Bumstead an, viele Spiegel zu verwenden.


Filmmusik:


Vertigo war die vierte Zusammenarbeit von Hitchcock und seinem „Hauskomponisten“ Bernard Herrmann. Herrmann schrieb die Filmmusik im Januar und Februar 1958, konnte sie aber wegen eines Musikerstreiks in den USA nicht selbst realisieren. Stattdessen spielte sie der schottische Dirigent und Komponist Muir Mathieson mit der in London ansässigen Sinfonia of London, ein 1955 gegründetes, auf Filmmusiken spezialisiertes Orchester ein. Ein aus Solidarität mit den amerikanischen Kollegen ausgerufener Streik beendete die Aufnahmen vorzeitig. Mathieson nahm die noch fehlenden Stücke in Wien auf. Aus technischen Gründen wurde die Musik in London in Stereo, in Wien in Mono aufgezeichnet.


Restaurierung:


Mitte der 1990er-Jahre wurde der Film im Auftrag von Universal Pictures von Robert A. Harris and James C. Katz aufwändig restauriert. Da das Kameranegativ und die Farbauszüge des im Technicolor-Verfahren gedrehten Films stark angegriffen waren, musste zur Bildrestauration auf unterschiedlich erhaltene Filmkopien zurückgegriffen werden. Der in Mono vorliegende Filmton sollte zudem auf Wunsch von Universal zu Stereo erweitert werden. Von Bernard Herrmanns Filmmusik existierten zu zwei Drittel in Stereo, zu einem Drittel in Mono aufgenommene Originalbänder. Die Dialoge mussten von dem noch vorhandenen Filmmaterial abgenommen, die Toneffekte dagegen komplett neu aufgenommen werden. Einige Details der neuen Tonspur wie hinzugefügte oder entfernte Toneffekte gaben jedoch Anlass zur Kritik. Durch den zusätzlichen Abspann (zur Nennung der Namen der an der Restaurierung Beteiligten) verlängerte sich die Laufzeit des Films von 128 auf nunmehr 129 Minuten.