Quo Vadis, Aida?

Quo Vadis, Aida?

BIH, D, F, AT u.a. 2020:  Regie: Jasmila Zbanic; Drehbuch: Jasmila Zbanic, Kamera: Christine A. Maier, Musik: Antoni Lazarkiewicz, Schnitt: Jaroslaw Kaminski, Darsteller: Jasna Duricic, Izudin Bairovic, Boris Ler, Dino Bairovic, Boris Isakovic, Johan Heldenbergh; 103 min, OmdUT

Trailer


Inhalt

Im Jahr 1995 arbeitet Aida als Übersetzerin für die niederländischen UN-Truppen, die in der Nähe von Srebrenica stationiert sind. Als die serbische Armee die Stadt unter dem Kommando des Generals Ratko Mladić erobert, suchen Tausende Menschen Zuflucht auf dem Stützpunkt. Auch Aidas Familie ist unter den Flüchtlingen.

Hintergrund

Der Film erzählt die Tage vor dem Massaker von Srebrenica nach. Das Drehbuch beruht lose auf dem Buch Unter der Flagge der Vereinten Nationen. Die Staatengemeinschaft und der Völkermord von Srebrenica von Hasan Nuhanovic, der als Übersetzer in der UN-Schutzzone tätig gewesen war.Die Dreharbeiten fanden vom Mai bis Juli 2019 statt, gedreht wurde in Bosnien und Herzegowina.



Kritiken

Quo Vadis, Aida erzählt keine besonders raffinierte Geschichte. Schließlich weiß man ziemlich genau, worauf es hinausläuft. Und doch schildert Žbanic mit einer Souveränität, die den Abwehrreflex gegenüber dem historischen Horror überwindet. Aida, wie sie wieder und wieder Station und Lager durchschreitet, von einer Ecke zur anderen, dort übersetzt, da verhandelt und an dritter Stelle um den Schutz für ihre Söhne fleht, hält den Zuschauer in Atem. Gleichzeitig registriert man gewissermaßen durch ihre Augen all die verräterischen Details: wie sich die Blauhelme von der serbischen Miliz demütigen lassen, wie Generäle sich hinter Anordnungen und Sachzwängen verschanzen und sehenden Auges wehrlose Menschen ausliefern. …….  Die Botschaft hallt ganz laut: Nur weil wir uns etwas nicht vorstellen können, heißt es nicht, dass es nicht doch passieren kann.“

Barbara Schweizerhof, epd Film

Beeindruckend ist aber vor allem, dass Žbanić ein Film über Gewalt gelungen ist, der die Gewalt nicht offen zeigt. Der Horror liegt in den unheimlichen Momenten. Einmal steht Aida einem bewaffneten serbischen Soldaten gegenüber, der früher, als noch alle friedlich miteinander lebten, ihr Schüler war. Und als am Ende Männer in ein altes Kino geführt werden, sieht man nur Gewehrläufe, die sich durch Wandöffnungen schieben, bevor die Kamera sich zurückzieht – nach draußen auf die Straße, wo zwei leere Laster gespenstisch im Abendwind stehen. Ein Blutrausch ohne Bilder. Erschüttern wird er umso mehr. 

Annett Scheffel, seddeutsche.de

Jasmila Žbanić

Jasmila Zbanic wird 1974 in Sarajevo geboren. In ihrer Heimatstadt macht sie eine Ausbildung an der Akademie für darstellende Kunst. Sie verlässt ihr vom Krieg zerrüttetes Heimatland und sucht in den USA ihr berufliches Fortkommen, arbeitet dort als Puppenspielerin. Nach ihrer Rückkehr nach Sarajewo gründet sie eine Film-Produktionsfirma und dreht Dokumentarfilme und Kunstvideos. Ihr Spielfilmdebüt Esmas Geheimnis – Grbavica wird 2006 mit dem Goldenen Bären der Biennale in Berlin ausgezeichnet. Heute lebt und arbeitet sie in Deutschland.


Jasmila Žbanić über ihren Film

„Dieser Film handelt von einer Frau, die im Kriegsspiel der Männer gefangen ist. Es geht um Mut, Liebe und Belastbarkeit – und auch darum, was passiert, wenn wir nicht rechtzeitig auf Warnzeichen reagieren.

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